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Vom Chovd- Gol zum Tsambat Uul

Zeitig am Morgen ging es auf Pferdesuche. Trotzdem die Pferde an drei Beinen gefesselt waren, konnten sie doch noch beträchtliche Srecken zurücklegen. Wir traffen eine junge, englisch sprechende Mongolin und nach einem kurzen Woher und Wohin ging es zurück zu den Zelten. Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt vorm Aufbruch war das beladen der Packpferde. So ging es auch an diesem Morgen erst gegen 11.00 Uhr los, und bereits nach einer halben Stunde mußte das Gepäck neu gepackt werden. Dann ging es aber vorwärts. Zunächst am Ufer des Flußes entlang, dieses wurde aber zunehmend sumpfiger und als uns ein kleiner, morastiger Seitenarm den Weg versperrt, beschloßen wir, den Sumpf weitläufig zu umreiten. Doch zunächst ging es durch übermannshohes Gebüsch in dem unzählige Kreuzspinnen hausten, der Boden ist weich und unsicher. Also ritt Susi als Pfadfinder voran, die Reiter mit den Packpferden folgten in sicherem Abstand und mit ständigen vor und zurück erreichten wir dann trockene Gebiete. Weiter ging es zu einer Felsformation. Diese besteht aus rotem, stark verwittertem Granit. Wir fanden einen wunderbaren Zeltplatz, auf einer staubigen Ebene, nicht allzuweit vom Wasser entfernt. Wir schlugen am späten Nachmittag die Zelte auf und erkundeten zu Pferd die nähere Umgebung. Auch am nächsten Tag folgten wir dem Flußlauf. Wir ritten entlang einer Felskette, doch plötzlich steckten wir fest: links eine steile Felswand, um uns herum Wasser. Da wir keine Erfahrungen mit Wasserdurchquerungen hatten und keine Verletzung bei den Pferden riskieren wollten, entledigte ich mich meiner Hose, schlüpfe in meine Tefas und ab geht`s. Wie sich herausstellte, war das Wasser nicht sehr tief, es lagen aber Steinblöcke unter Wasser, die ein durchqueren zu Pferd unmöglich machten. Also hieß es umkehren, die Reiter ohne Packtiere ritten wieder vorn weg und fanden einen Pfad am Ufer des Chovd- Gol. Diesen folgten wir, wobei wir mehrmals Seitenarme überqueren mußten. Bei einem war das Wasser so tief, das wir die Rucksäcke, die ja tiefer als die Pferdebäuche hingen, abpacken und auf unseren Rücken durch das Wasser tragen mußten. Bei diesen Gelegenheiten waren wir heilfroh, die Tefas dabeizuhaben, so beugten wir Verletzungen durch Stöcke oder Steine, die im Morast steckten, vor. Den letzten Seitenarm erreichten wir spät am Nachmittag, nachdem wir stundenlang durch hohes Schilf geirrt und endlich wieder auf einen Pfad gestoßen waren. Die angrenzenden Wiesen waren auch naß, aber nicht sumpfig. Dieser Seitenarm war so tief, das wir die Pferde abpackten und mit Rucksack auf dem Rücken durch das Wasser ritten. Wenige Meter weiter fanden wir ein von Weiden umstandene Wiese, auf der wir nächtigten und abends den Plan für die nächste Etappe beschlossen. An diesem Tag hatten wir gerade fünf Kilometer zurückgelegt. Um unser Ziel, den Tsambat Uul, zu erreichen beschlossen wir, durch die Wüste abzukürzen. Das bedeutete für den nächsten Tag eine Etappe von 40 km, ohne Wasser oder Schatten, immer gerade aus.


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Also ging es am nächsten Tag weg vom Fluß. Dieser beschrieb einen großen Bogen nach Norden doch wir ritten direkt nach Westen. Zunächst ging alles so weiter wie die letzten Tage, Schilf, naße Wiesen, Sumpf. Überall konnte man auf den bereits abgetrockneten Wiesen Mongolen beobachten, die das über den Sommer gewachsene Gras schnitten und für den Winter trockneten. Wir folgten vor allem von den Tierherden angelegten Trampelpfaden und durchquerten so den letzten morastigen Nebenarm. Allerdings konnte man diesen Pfaden nicht immer folgen, denn einer Kuh ist es egal, ob sie bis zum Bauch versinkt, ein beladenes Pferd denkt da anders darüber. Nach einer letzten Sumpfdurchquerung erreichten wir den Rand der Wüste. Zunächst wuchsen noch Sträucher, doch diese wurden schnell immer seltener bis sie schließlich völlig verschwunden waren. So ging es dann geradeaus, als Fixpunkt hatten wir die rechte Kante eines Felsmassives gewählt, hinter dem sich der nächste Fluß befand. Ab und an sahen wir in der Ferne Ziegen und Schafherden, denen die spärliche Vegetation noch genügend Nahrung bot, ansonsten waren wir alleine. Durch die flimmernde Luft erschienen uns die Herden sehr groß und nahe. Auf der halben Strecke machten wir Mittag, selbst hier fanden wir genug Dung, um ein Feuer zu entfachen und unser Lunch zuzubereiten. Am Nachmittag begann dann ein Pferd zu lahmen. Es hatte offensichtlich Probleme mit dem steinigen Untergrund. Heike war so gezwungen, Streckenweise ihr Pferd zu führen, da wir aber mit den Packpferden sowieso nicht schneller als Schritt liefen, blieb sie immer auf unserer Höhe. Am Felsmassiv angekommen mußten wir feststellen, daß der Fluß noch ca. 10 km weiter um das Massiv herum floß. Die Zeit war schon fortgeschritten, alle waren geschafft, aber es half nichts, die Pferde brauchten Wasser. Aus der Ferne näherte sich ein schwarzer Punkt. Es dauerte lange, bis wir ihn als berittenen Mongolen identifizierten. Durch die Luftspiegelungen erschien er uns sehr viel näher und es brauchte noch längere Zeit, bis er uns erreichte. Natürlich wollte er wissen wo wir herkamen und wohin es gehen sollte. Da er in die gleiche Richtung wie wir wollte, begleitete er uns. Am Fluß angekommen führte er uns zu einer Jurte, in der wir mit Kumys bewirtet wurden. Als es anfing zu dämmern brachten uns unsere Gastgeber noch zu einem schönen Zeltplatz, ca 500 m flußaufwärts. Dort beschlossen wir, am nächsten Tag nicht weiter zu reiten, um den Pferden eine Erhohlungspause zu gönnen.


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Den Ruhetag nutzten wir, um die naheliegenden Felsen zu erforschen. Wir ritten Pärchenweise, da wir die Zelte nicht alleine lassen wollten. Den ganzen Tag über bekamen wir regelmäßig Besuch von Mongolen. Wir führten unser lahmendes Pferd vor und holten die Meinungen der Fachleute ein. Dann kamen wir auf die Idee, noch ein Pferd zu mieten. Doch das klappte nicht. Wir hätten zwar ein Pferd kaufen können, ein schönes Tier, aber geborgt bekamen wir keines. So ritten wir am nächsten Tag weiter, mit dem hinkenden Pferd. Die nächsten zwei Tage waren wieder sehr eintönig, wir näherten uns nur langsam den Bergen. Den ersten Abend verbrachten wir in einer kleinen Oase. Mitten in der Wüste entsprang ein Fluß und es wuchsen dort Weiden, grüne Sträucher und hohes Gras. Kaum hatten wir begonnen unsere Zelte aufzubauen, kamen auch schon ein paar Kinder mit einer Kanne Milchtee, Käse und Gebäck. Als Gegenleistung boten wir Bonbons an, und schon waren wir Freunde. Ein ca. zehnjähriger Junge half uns beim Reparieren eines Zaumzeuges und meinte, wir sollten das lahmende Tier doch als Packpferd nehmen. Das schien uns auch ganz vernünftig, da wir unser Gepäck unterdessen "leichtergegessen" hatten. So ritt Heike ab dem Tag ein Packtier und es funktionierte auch ganz gut. Am nächsten Abend erreichten wir den Fuß des Tsambat Uul. Zunächst verließen wir die Wüste und erreichten ein geschütztes Tal, durch das das Schmelzwasser des Gletschers abfloß. Uns erwartete dort ein wunderbarer Pappelhain. Ein Mongole, der gerade seine Schafe heimtrieb, lud uns ein. Er hielt mich zunächst für einen Tierarzt und führte mir ein krankes Schaf vor. Ich nahm an, daß er es schlachten wollte und zeigte das durch eine ziemlich deutliche Geste an. Zum Glück sprach die Frau in der Jurte etwas russisch, so daß wir das Mißverständnis aufklären konnten und das Schaf nicht aufgrund meines "tierärztlichen Rates" sterben mußte. Wir machten Fotos von der Familie und bekamen gezeigt, wie der mongolische Schnaps destilliert wird.

Dazu wird Kumys in eine Schüssel gefüllt und auf dem Ofen zum Sieden erhitzt. Darüber kommt eine Röhre aus Leder (ca 50 cm Durchmesser und ebenso hoch) auf deren obere Öffnung wiederum eine Schüssel gestellt wird. Diese schließt die Röhre möglichst dicht ab. Die Schüssel hat in der Mitte eine nach unten weisende Spitze und wird mit kaltem Wasser gefüllt. Der abdestillierte Alkohol kondensiert an der kalten Schüssel und läuft an ihr hinab zur Mitte, wo er in einen darunter aufgehangenen Topf tropft. Man erhält einen sehr guten, klaren Schnaps.

Nachdem wir vereinbart hatten, in drei Tagen wieder vorbeizukommen ging es weiter, den Fluß aufwärts. Wir wollten ein Lager möglichst nahe an den Bergen aufschlagen und dort zwei Tage bleiben. An diesen Tagen wollten wir den Tsambat Uul zu Fuß bezwingen. Während des Rittes gelangten wir in das Schwemmgebiet des Frühlingsschmelzwassers, eine Landschaft voller großer, rundgewaschener Findlinge, die unser Vorwärtskommen sehr erschwerten. Teilweise mußten wir absteigen und die Pferde führen. Schließlich kamen wir an eine Wiese, an der zu anderen Zeiten im Jahr eine Jurte stand. Der Fluß bildete an einem Fels eine schöne Badewanne, einzelne Pappeln umstanden den Platz, so daß auch genug Brennmaterial zu finden war-ein wunderschöner Zeltplatz. Auch der Hund war begeistert, lag doch im Fluß eine tote Ziege, an der er sich gütlich tun konnte. Allerdings hatten wir dann erst mal keine Lust, unseren Aasfresser zu streicheln... Und das erste mal in diesem Urlaub war weit und breit kein Mongole. Wir saßen gerade beim Abendbrot, als auf einmal ein "Weißer" auftauchte. Es handelte sich um einen neuseeländischen Touristen, der mit einem Führer den Tsambat Uul besucht hatte. Der Führer war nun auf der Suche nach einer Transportmöglichkeit zurück nach Chovd. Wir luden den Neuseeländer zu einer Tasse Suppe ein und tauschten Erlebnisse aus. Unser Gast war sichtlich entäuscht, er hatte sich die Mongolei einsamer vorgestellt. Ihm kam es vor wie auf einer großen Farm, überall Viehherden und Menschen, aber keine größeren wilden Tiere.


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Tsambat Uul

Am nächsten Morgen standen Susi und ich mit Sonnenaufgang auf. Wir packten einen Tagesrucksack und marschierten los. Heike und Frank blieben bei den Zelten, sie wollten am nächsten Tag eine Runde laufen. Tom (so hatten wir den Hund getauft) bekleidete uns. Wir liefen zunächst weiter flußauf bis zu einem ausgetrockneten Seitenarm und bogen dort ab. Diesen liefen und kletterten wir nach oben. Obwohl der Hund uns nicht immer direkt folgen konnte, fand er doch immer einen Weg um die für ihn unpassierbaren Stellen herum. Wir waren völlig alleine, ab und zu sahen wir Vögel, z. B. Wiedehopfe. Nach und nach änderte sich die Vegetation. Das Gras wurde dichter und erinnerten an europäische Gebirgswiesen. Weiter oben stießen wir auf einen kleinen Bergbach, der irgendwo auf dem Weg ins Tal zwischen den Steinen verschwandt. Edelweiß und andere Blumen wuchsen in rauhen Mengen. Unterdessen hatten sich über uns Wolken zusammengezogen, es fing an zu schneien. Aber unter dem Schnee hindurch hatte man einen herrlichen Blick auf die Ebene, die im strahlenden Sonnenschein lag. Wir liefen so weit hinauf, wie wir es in der halben Tageszeit schafften, aber vom Gletscher, unserem eigentlichen Ziel, waren wir noch weit entfernt. Nichts desto trotz war es ein wunderschöner Ausflug, und nach dem Abstieg und einem kleinen Abendbrot krochen wir in unsere Schlafsäcke und schliefen sofort ein.

Am nächsten Tag blieben wir bei den Zelten. Wir sammelten die Pferde wieder ein, die sich in der Nacht weit von uns entfernt hatten. Die Zeit verbrachten wir mit lesen, baden, waschen und einfach nur rumliegen. Beim Besteigen eines naheliegenden Felsens konnten wir das Flußtal entdeckten, welches wir am Vortag hinaufgestiegen waren und stellten fest, daß es uns in einem großen Bogen vom Gipfel weggeführt hatte. So was passiert wenn man versucht, den Weg mit Karten 1: 500.000 festzulegen. In dieser Nacht schlug der Hund an, er konnte sich gar nicht mehr beruhigen. Frank und ich schauten zunächst aus den Zelten und sahen einen großen schwarzen Schatten. Zunächst dachten wir an eine Kuh, als der Hund aber gar nicht mehr aufhöhren wollte, stand ich auf und leuchte mit der Taschenlampe. Der Schatten entfernte sich mit tapsigen Gang einige Meter- es war ein Bär. Zum Glück war sein Respekt vor Hund und Mensch größer als seine Neugierde, und außerdem hatte er sich bereits die toten Ziege im Fluß schmecken lassen, so daß er auch keinen Hunger mehr hatte. Von der Ziege fanden wir am Morgen nur noch das Fell und ein paar einzelne Knochen, alles andere war verschwunden. Wir machten uns auf den Weg zurück.


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Ole Bosholm